Zum Inhalt springen

Prospekthaftung

Bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung i.e.S.

Die Rechtsprechung hat für Fälle vor Inkrafttreten des VerkProspG am 01.07.2005 das Rechtsinstitut der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung i.e.S. geschaffen. Anknüpfungspunkt hierfür war ein typisiertes Vertrauen des Anlegers in die Prospektangaben und die Prospektverantwortlichen. Der Anwendungsbereich der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung i.e.S. ist aufgrund neuerer Rechtsprechung zur analogen Anwendung der spezialgesetzlichen Verjährungsregelungen eng begrenzt. 

Prospekt

Prospekte sind marktbezogene schriftliche Erklärungen, die den Eindruck vermitteln, das Publikum umfassend über die Anlage zu informieren. Anders als bei der spezialgesetzlichen Prospekthaftung kommt es nicht darauf an, ob ein schriftliches Dokument vor der Veröffentlichung von der BaFin geprüft und gebilligt worden ist. Unter den Prospektbegriff fallen insbesondere auch Handzettel, Flyer, Exposés etc., soweit diese erkennbar nicht nur einen allgemein-werblichen Charakter haben. Haftungsbegründend können auch Interviewaussagen in Zeitungen sein, die zusammen mit einer umfangreichen Produktinformation versandt werden (BGH, WM 2013, 836). Ob auch Texte im Internet als Prospekte zu qualifizieren sind, ist ungeklärt. Enthält eine Broschüre den ausdrücklichen Hinweis, dass sie keinen Prospekt im Sinne des VermAnlG darstelle und diesen nicht ersetze, sich die wesentlichen Anlageinformationen vielmehr aus dem Prospekt ergäben, ist lediglich von einer nicht haftungsbegründenden Werbeschrift auszugehen (BGH, WM 2013, 836 (838)).

Prospektinhalt

Hierzu gelten die Ausführungen zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung entsprechend.

Unrichtigkeit/Unvollständigkeit wesentlicher Angaben

Hier gelten die Ausführungen zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung entsprechend.

Prospektverantwortliche

Haftbar sind die Initiatoren, Gründer und Manager der Fondsgesellschaft, mithin die eigentliche Leitungsgruppe. Die Haftung besteht unabhängig davon, ob die Personen aus dem Prospekt ersichtlich sind oder sonst nach außen in Erscheinung treten.
Ebenfalls prospekthaftungspflichtig sind die Hintermänner eines geschlossenen Fonds, also diejenigen Personen, die hinter der Fondsgesellschaft stehen und neben der Geschäftsführung besonderen Einfluss auf die Geschicke der Fondsgesellschaft haben (BGH, WM 2012, 19 (19)). Es ist ohne Belang, ob diese Hintermänner an der Gestaltung des Prospekts in verantwortlicher Weise mitgewirkt haben. Unerheblich ist gleichsam, ob diese Hintermänner im Prospekt genannt werden oder sonst nach außen in Erscheinung getreten sind.

Der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung i.e.S. unterliegen auch berufsmäßige Sachkenner (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Gutachter, Banken), sofern sie durch eine nach außen in Erscheinung tretende Mitwirkung an dem Prospekt einen Vertrauenstatbestand geschaffen haben (Prospektgaranten). Dass eine Bank im Prospekt als finanzierendes Kreditinstitut aufgeführt ist, reicht für sich allein betrachtet nicht aus. Anderes gilt, wenn der Prospekt den Hinweis enthält, die Anlage sei „bankgeprüft“ oder wenn das finanzierende Kreditinstitut als Referenz benannt wird.

Der Bundesgerichtshof hat inzwischen auch einen prominenten Werbeträger haften lassen, der in Interviews vorgab, selbst Einfluss auf die Gestaltung des Anlagekonzepts genommen zu haben und dabei für sich eine besondere Integrität und Kompetenz in Anspruch nahm (BGH, WM 2012, 19).

Die Fondsgesellschaft als solche und die übrigen Fondsgesellschafter sind demgegenüber anders als bei der spezialgesetzlichen Prospekthaftung keine Vertragspartner des Anlegers und deshalb nicht haftbar.

Anspruchsberechtigte

Anspruchsberechtigt ist, wer durch fehlerhafte Angaben in einem Prospekt zum Erwerb des Fondsanteils veranlasst wurde. Anders als bei der spezialgesetzlichen Prospekthaftung besteht keine zeitliche Beschränkung. Allerdings ist nur der Ersterwerber geschützt, da es bei einem Zweiterwerber an einem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis zu Prospektverantwortlichen fehlt.

Kausalität und Schaden

Die Ursächlichkeit von Prospektfehler und Beitritt des Anlegers wird widerleglich vermutet. Sie fehlt, wenn der Prospekt bei den Vertragsverhandlungen keine Verwendung gefunden hat (BGH, WM 2010, 262 (264)). Wird der Prospekt bei Zeichnung der Beteiligung übergeben, so wird er gleichwohl verwendet, ohne dass es darauf ankommt, in welchem Umfang der Anleger von seinem Inhalt Kenntnis genommen hat (BGH, WM 2010, 262 (264)).

Verschulden

Im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung haften Prospektverantwortliche auch für einfache Fahrlässigkeit. Hierin liegt einer der entscheidenden Unterschiede zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung.

Das Verschulden wird vermutet. Ein Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit wurde von der Rechtsprechung bislang als unwirksam angesehen.

Verjährung

Für die Prospekthaftung i.e.S. gilt eine Verjährungsfrist von einem Jahr seit Kenntnis des Anlegers vom Prospektfehler, spätestens jedoch drei Jahre seit Beitritt zur Gesellschaft in analoger Anwendung der Regelungen über die spezialgesetzliche Prospekthaftung (BGH, Urt. v. 22.10.2015, III ZR 264/14). Eine Verkürzung der Verjährungsfrist durch den Prospekt ist unwirksam (§ 309 Nr. 7 lit b) BGB).

Rechtsfolge

Prospektverantwortliche im eigentlichen Sinne haften auf vollen Schadensersatz, sind also dem Anleger zur Rückzahlung der Einlage zzgl. Agio abzüglich erhaltener Ausschüttungen verpflichtet - Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsbeteiligung. Auch entgangener Gewinn des Anlegers aus einer alternativen Anlage ist zu ersetzen.

Demgegenüber haften Prospektgaranten nur dann umfassend, wenn sie den Prospekt wegen ihrer Äußerungen in ihrer Gesamtheit zu verantworten haben. Andernfalls ist ihre Haftung begrenzt auf diejenigen Risiken, über die sie aufzuklären hatten.

Verhältnis zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung

Die spezialgesetzliche Prospekthaftung verdrängt – soweit anwendbar – die richterrechtlich entwickelte Prospekthaftung i.e.S.. Anderenfalls liefendie Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie die kurze Verjährungsfrist ins Leere.

Übersicht über den Artikel