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Prospekthaftung

Spezialgesetzliche Prospekthaftung

Geringe praktische Relevanz

Die spezialgesetzliche Prospekthaftung bei geschlossenen Fonds spielt in der Praxis nur eine untergeordnete Rolle, weil sie nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Prospektverantwortlichen greift. 

Zeitlicher Geltungsbereich

Die spezialgesetzliche Prospekthaftung für geschlossene Fonds gemäß §§ 13 und 13 a VerkProspG besteht seit dem 01.07.2005 und hat sich inzwischen mit Ausnahme von rechtshängigen Altfällen zeitlich erledigt. Diese Regelung wurde ab dem 01.06.2012 durch die §§ 20, 21 VermAnlG abgelöst. Seit dem 22.07.2013 folgt die spezialgesetzliche Prospekthaftung § 306 KAGB. Die Voraussetzungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung folgen – bei Unterschieden im Detail – vergleichbaren Regelungen.

Prospekt

Für im Inland öffentlich angebotene geschlossene Fondsbeteiligungen ist ein Prospekt zu erstellen und zu veröffentlichen. Prospekt ist nach dem formalen Prospektbegriff nur ein solches schriftliches Dokument, das von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemäß § 8 VermAnlG gebilligt worden ist. Die Prüfung der BaFin bezieht sich allerdings nur auf Vollständigkeit, Verständlichkeit und Kohärenz der Prospektangaben, nicht auf die inhaltliche Richtigkeit der Angaben (§ 7 VermAnlG).

Erfolgt die Veröffentlichung ohne Billigung der BaFin, fehlt es an einem Prospekt i.S. des § 20 VermAnlG; die Haftung erfolgt dann allerdings nach § 21 VermAnlG wegen fehlenden Prospektes.

Vermögensanlagen-Informationsblatt

Ferner muss ein Anbieter von geschlossenen Fondsbeteiligungen ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB, eine Art "Beipackzettel") von max. 3 DIN-A4-Seiten erstellen (§ 13 VermAnlG), das über die Anlage verständlich informieren soll. Auf diesem Blatt muss ein unübersehbarer Warnhinweis über die Risikohaftigkeit der Anlage angebracht sein. Der Anleger muss den Empfang des VIB bestätigen. Fehlen gesetzliche Pflichtangaben im VIB oder fehlt der VIB gänzlich, löst dies eine Haftung des Anbieters aus. Den Anbieter treffen erweiterte Prüfungspflichten beim VIB unter dem Gesichtspunkt der Plausibilität. Ist der Anbieter zugleich Emittent, treffen ihn zusätzlich die Vorgaben, die für einen Emittenten gelten.

Prospektinhalt

Der Prospekt muss alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die dem Anleger eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlage ermöglichen. Der Inhalt wird in § 7 VermAnlG und der VermVerkProspV konkret festgelegt. Danach muss ein Prospekt u.a. Angaben enthalten über:

  • Personen und Gesellschaften, die für den Prospekt Verantwortung übernehmen
  • Emittenten, seine Finanz- und Ertragslage
  • Gründungsgesellschafter und aktuelle Gesellschafter unter Angabe der von diesen fondsbezogen erzielten Bezüge
  • wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen
  • Gesamthöhe der Vermittlungsprovisionen an hervorgehobener Stelle in absoluter Höhe und in Prozent bezogen auf den Gesamtbetrag der angebotenen Vermögensanlagen
  • Art, Anzahl, Gesamtbetrag der angebotenen Fondsbeteiligungen, die damit verbundenen Rechte, die steuerliche Konzeption sowie die Anlageziele
  • wesentliche tatsächliche und rechtliche Risiken, insbesondere das maximale Verlustrisiko, und Nachschusspflichten in einem gesonderten Abschnitt
Für Fallgestaltungen unter der Geltung des KAGB ist der notwendige Prospektinhalt nunmehr in § 269 KAGB geregelt.

Neben dem Prospekt ist vom Anbieter ein Informationsblatt mit den wesentlichen Anlegerinformationen zu erstellen (§ 270 KAGB). Dieses Blatt darf keine unrichtigen, irreführenden oder vom Prospekt abweichenden Angaben enthalten (§ 306 KAGB). Für die Unvollständigkeit des Blatts allein wird noch nicht gehaftet.

Unrichtigkeit wesentlicher Angaben/Prognosen

Maßstab für das Prospektverständnis ist der durchschnittliche bilanzkundige Kapitalanleger ohne Spezialkenntnisse (BGH, WM 2012, 2147 (2150)), der den Prospekt aufmerksam gelesen hat. Wesentlich sind alle Angaben zu den wertbildenden Faktoren einer Beteiligung, insbesondere ihre Risiken. Erfasst sind neben tatsächlichen Angaben auch Prognosen, etwa über erzielbare Einnahmen, die Lage des Fondsobjekts oder die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft.

Ein Verkaufsprospekt ist dann fehlerhaft, wenn er ein falsches Gesamtbild von dem geschlossenen Fonds vermittelt, insbesondere Risiken verharmlost.

Bei einem Immobilienfonds muss ausnahmsweise nicht auf die Möglichkeit des Totalverlustes hingewiesen werden, weil dieses Risiko sehr gering ist (BGH, WM 2009, 2303 (2305)). Angaben etwa zum Erwerb eines Grundstücks für den Fonds, die baurechtliche Zulässigkeit eines Projekts oder dessen Kalkulation und das Bestehen von Stellplätzen müssen jedoch zutreffend sein (BGH, WM 2003, 1086 (1087); BGH, WM 2006, 905 (906)).

Für einen Medienfonds darf das stets bestehende und dem Anleger zu offenbarende Totalverlustrisiko nicht durch Angaben zu einem „Sicherheitsnetz“ verharmlost werden (BGH, WM 2008, 725 (726)).

Die Einnahmenseite des Fonds muss zutreffend dargestellt werden (BGH, WM 2012, 115 (117)). Zu einem haftungsrelevanten Prospektmangel führen auch falsche Angaben zu den Weichkosten (BGH, WM 2006, 905 (906)).

Mit Blick auf zukunftsbezogene Informationen (Prognosen) ist ein Prospekt nur dann fehlerhaft, wenn die Prognose aus anfänglicher Sicht unvertretbar ist (BGH, WM 2012, 1293 (1295)). Es gibt also keine Pflicht zu pessimistischer Darstellung. Auch müssen keine Risikoabschläge vorgenommen werden. Ein Prospekt darf deshalb durchaus optimistische Angaben enthalten. Allerdings sind Erfahrungen aus der Vergangenheit zu berücksichtigen.

Die Haftung für unrichtige Tatsachenangaben, Werturteile und Prognosen gemäß § 306 KAGB entspricht der Vorgängerregelung des § 20VermAnlG.

Unvollständigkeit wesentlicher Angaben

Unvollständig ist der Prospekt dann, wenn die in der VermVerkProspV vorgeschriebenen rechtlichen oder tatsächlichen Angaben fehlen. Besteht etwa das Fondsvermögen auch aus einem Gesellschaftsanteil, müssen zu dieser Gesellschaft detaillierte Angaben gemacht werden.

Ob ein Garantiegeber über eine Banklizenz verfügt, ist nicht wesentlich. Entscheidend ist die Bonität (BGH, WM, 2013, 836).

Die Haftung für unvollständige Tatsachenangaben, Werturteile und Prognosen gemäß § 306 KAGB entspricht der Vorgängerregelung des § 20VermAnlG.

Anspruchsberechtigte

Nach § 20 VermAnlG ist anspruchsberechtigt nur, wer einen Fondsanteil innerhalb von 2 Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot im Inland erworben hat.

Nach 306 KAGB ist die zeitliche Beschränkung ersatzlos entfallen. Streitig, ob auch Zweiterwerber geschützt wird.

Prospektverantwortliche

Der spezialgesetzlichen Prospekthaftung unterliegen als Gesamtschuldner die Personen, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen haben:

- Prospekterlasser, d.h. Fondsgesellschaft und Emissionshaus

- Prospektveranlasser, d.h. Fondsinitiatoren, Gründungsgesellschafter, Fondsmanager, herrschende Unternehmen etc.

Nicht haftbar sind sog. Prospektgaranten, d.h. Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte und Sachverständige.

Nach § 306 KAGB haften nunmehr auch Personen, die Fondsanteile gewerbsmäßig verkaufen oder vermitteln. Auch die Fondsgesellschaft selbst unterliegt der Prospekthaftung.

Kausalität und Schaden

Der fehlerhafte Prospekt muss für den Beitritt - dieser selbst und nicht die erst später sichtbare Wertminderung stellt den Schaden dar - ursächlich geworden sein. Die Kausalität wird dabei gemäß § 20 VermAnlG widerleglich vermutet.

Mit Inkrafttreten des § 306 KAGB ist dieses Privileg des Anlegers entfallen, d.h. er muss beweisen, dass ihm der Prospekt vorgelegen hat. Die Kausalität ist widerlegt, wenn der Prospekt nicht vorgelegen hat, der Anleger hierauf also auch nicht vertrauen konnte.

Verschulden

Prospektverantwortliche haften nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich fehlerhafter Angaben. Das Verschulden wird hierbei widerleglich vermutet (§ 20 VermAnlG; § 306 KAGB).

Für die neu hinzugetretene Gruppe prospektverantwortlicher gewerblicher Vermittler und Verkäufer nach § 306 KAGB besteht eine Haftung sogar nur bei positiver Kenntnis der Fehlerhaftigkeit.

Verjährung

Prospekthaftungsansprüche, die vor dem 01.06.2012 (Inkrafttreten des VermAnlG) entstanden sind, verjähren kenntnisunabhängig spätestens drei Jahre nach Veröffentlichung des Prospekts bzw. 1 Jahr nach Kenntnis des Anlegers von der Unrichtigkeit/Unvollständigkeit der Angaben.

Prospekthaftungsansprüche nach dem VermAnlG und dem KAGB unterliegen der Regelverjährung (drei Jahre nach positiver Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Anlegers vom Bestehen eines Anspruchs).

Rechtsfolge

Erstattungsanspruch des Anlegers auf Einlage zzgl. Agio abzüglich Ausschüttungen. Kein Anspruch auf entgangenen Gewinn (§ 20 VermAnlG, § 306 KAGB).

 

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